Cool down! ruft mir Adrian jetzt zu. Ich höre es sehr wohl. Ich höre es auch in mir selbst. Dieser theologische Höhenrausch hat auch etwas, … ich weiß nicht . . . Irgendwie ist mir plötzlich etwas eng und trocken in der Kehle
Meine ureigenen Träume und Erinnerungen sind auch noch da…
Und wie
Irdisch, nicht überirdisch.
Meine Träume und Erinnerungen
Jesus macht mitten in seiner Bergpredigt eine Pause, schaut mich an, lächelt und dann – es ist unglaublich, dann holt der Typ plötzlich eine Flasche Whisky aus seiner Kutte – Gott allein weiß, wo er die auf einmal her hat! – wischt mit dem Ärmel drüber, schaut noch einmal lächelnd zu mir rüber, dieses Mal noch ein wenig breiter, und dann reicht er mir – es ist Nacht und wir sitzen irgendwo an einem Feuer, ja dann reicht er mir die Flasche mit dem Whisky rüber und sagt fast unhörbar leise zu mir, Nimm erst mal einen zur Brust, Junge!
Und dann ist da plötzlich auch Bob Dylan und ich höre, wie er Not dark yet singt. Irgendwo in der Ferne rollt ein Zug vorbei. Das Feuer lodert etwas auf und ich sehe jetzt auch J. in der Nähe sitzen. Er hält ein großes, irgendwie mystisches Bild in der Hand, auf dem ein kleines Stück blauer Himmel zu sehen ist.

Es ist unglaublich…
Und da überfällt sie mich . . . die ganze einmalig sinnliche Dichte des Augenblicks. Und alle sind sie nun da: meine Frauen, die Kinder, die alte Thomasschule, sogar die Kuckucksuhr, die bei Freunden in der Küche neben der Speisekammer hing.
Und ich begreife, immer noch mit dem Lächeln von Jesus auf mir, dass das mein Leben ist.
Wo willst du hin? fragt mich eine weibliche Stimme.
Sorry, Paul. Sorry, Martin. Sorry, Dieter. Ich brauche jetzt erstmal eine Auszeit!

Am nächsten Morgen erwache ich wieder in meinem Bett. Ein weißhaariger Mann steht neben mir. Ich blinzele und erkenne in ihm Albert Einstein. Bei dieser Geschwindigkeit sagt er, bei dieser Geschwindigkeit kondensiert die ganze Ewigkeit in einem einzigen Augenblick.
Das ist gut, entfährt es mir. Das ist gut. Und Jesus nickt und lächelt noch immer.
Lieber Heinz,
wenn Du uns schon mit Bob Dylan kommst, antworte ich etwas modifiziert mit den Beatles:
It’s been a hard day’s night
and you‘ ve been working like a dog..
Cool down, mein Lieber.
Soon you are sleeping like a stone.
Hunderte von Menschen hoffen, wünsche, beten für Dich, wenn Du heute Nachmittag ins Krankenhaus einrückst. Dein Fall ist nicht aussichtslos. Dein Tm. konnte dank modernster Technik ganz exakt lokalisiert werden. Man wird mit besten stereotaktischen Operationsmethoden millimetergenau arbeiten können. Dein Verstand liegt in einem anderen Hirnareal. Den wird man schonen können.
Das alles wird hoffentlich zum Erfolg führen. Wir wollen wieder Deinen Predigten lauschen können.
Herzlichst Dein Adrian
Danke, lieber Adrian! Ich habe volles Vertrauen zu den Ärzten und sehr großen Respekt für so akribisch gewissenhaften Einsatz. Wie gut, dass wir solche Standards haben! Und dazu das ganze Personal, das diese auf alten Ebenen umsetzt.
Wenn ich wieder raus bin, werde ich das öfter thematisieren und allen Nörglern die Rübe waschen, die mir nun bald selbst rasiert werden wird.
Leg ruhig die Beatles auf, aber auch Yesterday und Hey Jude!
Herzlichse Grüße von A und mir an Dich und R.