Grundlegendes und Allgemeines kann man mit bedeutsamer Miene leicht&locker über die Angst reden.
Doch wie sieht es aus und vor allem: wie hört es sich an, wenn wir konkret über unsere tiefsten Ängste reden?
Reden wir vielleicht doch lieber nicht ausgerechnet jetzt darüber?
Dieses Verschiebespiel mache ich nicht mehr mit, weil es für mich auf JETZT ankommt!
Was beim persönlichen Reden über die Angst vor allem gebraucht wird , ist – ganz einfach – MUT.
Und woher kommt der Mut?
Meine persönliche Antwort auf diese Frage ist: aus der Leidenschaft.

Das große griechische Fremdwort dafür,
das in unserer Zeit zu einem fremden, missverstandenen und dann schnell karikierten und von oben herab belächelten Wort aus überwundenen Zeiten geworden ist, heißt
PATHOS.
In unserer europäischen Geschichte ist der Begriff des Pathos zu oft missbraucht worden, als dass wir ihn weiter ungebrochen verwenden können. Wir hatten genug Pathos für den Kaiser oder den Führer, für die Partei oder das Vaterland, für den Erfolg und den Fortschritt … Und wir haben immer wieder gesehen, wohin uns diese Art von Pathos geführt hat. Sollte es da nicht endlich genug sein mit dem Pathos?!
Das klingt zunächst sehr vernünftig und überzeugend.
Nur:
Was hilft uns gegen die Herrschaft der Angst in unserem Leben, wenn wir eine starke und leidenschaftliche Kraft wie das Pathos unter Generalverdacht stellen?
Gibt es nicht auch ein gereinigtes Pathos,
eine Leidenschaft für Gerechtigkeit und Freiheit und ungeteilte Menschenrechte, die nicht nach dem Freund-Feind-Schema in all seinen unseligen Varianten funktioniert, sondern gerade das Durchbrechen dieses Schemas zu ihrem Hauptanliegen macht?
Das Pathos Jesu für Gottes neues Reich,
das Pathos für Entfeindung und Versöhnung,
das Pathos für ein wahres Leben mitten im wirklichen Leben?
Das ist zu blauäugig, denn „die Verhältnisse, die sind nicht so“ ?
Aber was hindert uns daran sie zu verändern?
Mit dieser Frage sind wir wieder bei unserer
ANGST,
zu deren Überwindung uns offensichtlich immer wieder der Mut fehlt.
Und jetzt bitte, bitte endlich konkret raus damit!
Wann und wovor habe ich Angst?
Ich bekenne:
Ich habe Angst, aus der Rolle zu fallen
Ich habe Angst, vielleicht doch im Irrtum zu sein
Ich habe Angst, anderen zu nahe zu treten
Ich habe Angst, nicht gehört zu werden
Ich habe Angst, mich im Kleinklein zu verlieren
Ich habe Angst, zu kurz zu kommen
Ich habe Angst, zerdrückt zu werden
Ich habe Angst, in meinen eigenen Abgrund zu stürzen
Ich habe Angst, nackt vor einer feixenden Masse zu stehen
Die Variationen von sind von Mensch zu Mensch verschieden. Die Wirkungen potenzieren sich.
Wir sind alle von unseren eigenen Gespenstern verhext.
Sehen wir sie uns nicht sehr oft schon von und.m gerade von weitem gegenseitig an?
Guck mal, der dort!
Sieh mal, die da!
Sie dahinten persönlich natürlich nicht.
Zumindest haben Sie es noch nicht gemerkt…
Ich bin also weithin von meiner Angst bestimmt…
Na und?
Soll ich mich vielleicht weiterhin von diesen Gespenstern in mir selbst verhexen und beherrschen lassen?
Das habe ich oft und lange genug getan!
Lässt sich dieses Spiel mit dieser Scheißangst nicht beenden?
Aus eigener Kraft halte ich das nicht für möglich. Da scheint ein Scheitern ziemlich vorprogrammiert.
Ist der Mensch per se unmöglich und zum Scheitern bestimmt, wie manche Existentialisten glauben?
Ich glaube das nicht.
In der biblischen Tradition findet sich ja der deutliche Bezug auf dieses persönliche bio-energetische Kraftfeld …
(Hä? –
Na wie soll ich‘s denn nun nennen? doch lieber „Gott“ oder … )
also auf eine Lebensquelle – proved by experiences – die uns von außen her anspricht, ruft, tröstet, aufrichtet, befreit,
wenn wir nur bereit sind, uns dafür zu öffnen –
klassisch formuliert: zu vertrauen.
Nebenbemerkung:
Ich wechsle mit Absicht immer wieder mal die Sprachebenen, um dadurch deutlich zu machen, dass es nicht an einzelnen Buchstaben und Begriffen hängt, sondern daran, wie wir dem Leben selbst begegnen.
Meine vorläufiges Antwort in diesem fundamental-menschlichen Ringen zwischen Angst und Freiheit lasse ich lieber andere geben, die schon länger und tiefer in diesem Geschäft zu Hause sind.
Was sie in meinen Augen auszeichnet ist die Demut, die das eigene Ego nicht mit Angst füttert.
1. Beispiel: Paulus schreibt an die Philipper (3,12-14):
Nicht, dass ich’s schon ergriffen habe oder schon vollkommen sei; ich jage ihm aber nach, ob ich’s wohl ergreifen könnte, weil ich von Christus Jesus ergriffen bin.
Meine Brüder, ich schätze mich selbst noch nicht so ein, dass ich’s ergriffen habe.
Eins aber sage ich:
Ich vergesse, was dahinten ist, und strecke mich aus nach dem, was da vorne ist, und jage nach dem vorgesteckten Ziel, dem Siegespreis der himmlischen Berufung Gottes in Christus Jesus.
2. Beispiel: Luther entdeckte die Möglichkeit der inneren Freiheit in seiner Zeit wieder neu und sagte 1521:
Ein Christenmensch ist ein freier Herr aller Dinge und niemandem untertan durch den Glauben.
Niemandem, auch den inneren eigenen Ängsten nicht!
3. Beispiel: Dietrich Bonhoeffer dichtete am 19.12.1944 in Gestapohaft:
Von guten Mächten wunderbar geborgen,
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist bei uns am Abend und am Morgen
und ganz gewiss an jedem neuen Tag.
Das alles ist also hier in diesem Leben möglich?
Versteht Ihr, dass mich das ungeheuer stärkt und tröstet?
Diese Freiheit…