Alle Jahre wieder berührt mich Weihnachten wie kein anderes Fest. Ich könnte auch sagen: es verzaubert mich. Und ich weiß auch warum: Weil die Weihnachtsbotschaft wie keine andere Geschichte von klein auf in mein persönliches Leben und Erleben eingezogen ist. Eingezogen wie ein guter, freundlicher und einfühlsamer Mitbewohner im Haus meines Lebens.
Dieser Mitbewohner singt mit mir die wunderbaren und altvertrauten Lieder von der fröhlichen, seligen und gnadenbringenden Weihnachtszeit.
Er lässt mich in unserem Wohnzimmer einen Adventsstern aufhängen, einen Lichterbogen mit den Figuren aus den biblischen Weihnachtgsgeschichten aufstellen und am Heiligabend einen Weihnachtsbaum mit Kerzen, Strohsternen und silbernen Tannenzapfen schmücken.
Dieser Mitbewohner bringt weihnachtliche Düfte ins Haus und schickt mir liebevolle Grüße und Geschenke.
Er berührt alle meine Sinne. Und wenn ich manchmal etwas skeptisch bin, weil nicht alles so ist, wie es sein sollte, dann lächelt er mich an und sagt zu mir nur:
“Schau!“
Oder: „Hör doch!“
Und auch „Probier mal!“
Und immer wieder: „Komm!“.
Und ich hüte mich sehr, dann abzuwinken und zu sagen: „Jaja, ich weiß schon, aber jetzt habe ich anderes im Kopf.“
Nein, ich bin sogar ein wenig süchtig danach, dass dieser Mitbewohner so zu mir kommt und mich anspricht. Eben weil es mich berührt. Vorhin habe ich sogar “verzaubert“ gesagt.
Jetzt will ich auch verraten und erklären, was ich damit meine. Ich empfinde dabei eine gewisse Scheu, aber es muss gesagt werden:
Ich glaube und spüre, dass Weihnachten mich alten Zausel zu einem besseren Menschen macht!
Für jemanden, der oder die grundsätzlich alles skeptisch auseinander-nimmt, mag das naiv klingen.
Und für jemanden, die oder der, grundsätzlich alle nach ihrer Leistung und ihrem Charakter beurteilt, mag das überheblich klingen.
Trotzdem, ich bleibe dabei. Ich glaube und spüre, dass Weihnachten mich zu einem besseren Menschen macht!
Das ist nichts, worauf ich stolz sein könnte. Aber etwas, wofür ich sehr dankbar bin.
Ich bin dankbar dafür, dass die Weihnachtsbotschaft mein Herz öffnet.
Dass mit ihr viel Wärme und Liebe in mich einzieht und mich in einer Weise bewegt, dass ich mit guten Gedanken, Worten und Werken in Bewegung komme.
Ob das von Dauer ist? Oder ist es nur so ein Hochgefühl während der Fest- und Feiertage, das sich bald in Luft auflöst und verflüchtigt? Ganz anders als das Coronavirus, das auf dem Luftweg in uns einzudringen und uns von innen her zu zerstören droht!
Das ist wohl die entscheidende Frage nach der Realität und der Wahrheit von Weihnachten heute.
Die Antwort weist uns zugleich auch auf ein entscheidendes Merkmal unseres Glaubens hin:
Mein weihnachtliches Hochgefühl ist nicht von Dauer.
Auch mein Glaube ist keineswegs von allen Zweifeln und Erschütterungen frei.
Zum Glück ist da dieser Mitbewohner, den ich jetzt Gott nenne.
Er kommt auch auf dem Luftweg – oder genauer: auf dem Geistweg –
und will in mich eindringen. Aber sein Ziel ist nicht Zerstörung.
Er will mich zu einem besseren Menschen machen. Und das schafft er immer wieder neu durch seine Worte, die mir zu denken geben und zu Herzen gehen.
Das wirklich Entscheidende an unserem Glauben ist ja, dass Gott immer und immer wieder freundlich und liebevoll zu uns spricht – so wie das ein guter Vater und eine gute Mutter tun. Und das ist bei uns unsicheren Kandidaten immer wieder nötig.
Das war auch schon bei den ersten Christen nötig.
Gegen Ende des 1. Jahrhunderts, als im römischen Reich Christen verfolgt wurden und viele nach der Realität und Wahrheit dieses Glaubens fragten, da hat der Verfasser des Hebräerbriefes auf das Reden und Kommen und Wirken Gottes mit den folgenden Worten hingewiesen:
Nachdem Gott vorzeiten vielfach und auf vielerlei Weise geredet hat zu den Vätern durch die Propheten, hat er in diesen letzten Tagen zu uns geredet durch den Sohn, den er eingesetzt hat zum Erben über alles, durch den er auch die Welt gemacht hat.
Er ist der Abglanz seiner Herrlichkeit und das Ebenbild seines Wesens und trägt alle Dinge mit seinem kräftigen Wort und hat vollbracht die Reinigung von den Sünden und hat sich gesetzt zur Rechten der Majestät in der Höhe und ist so viel höher geworden als die Engel, wie der Name, den er ererbt hat, höher ist als ihr Name. (Hebr 1,1-4)
Gott redet zu uns und wirkt in uns, indem er als Mensch auf uns zukommt.
Und indem er als Mensch auf uns zukommt, schenkt er uns eine menschliche Zukunft.
Er will, dass wir bessere Menschen werden und tut selbst den ersten und viele weitere Schritte dazu…
Es beginnt damit, dass er uns zu Weihnachten anlächelt und wir – wie verzaubert – zurücklächeln.
Ich bin sehr dankbar, dass ich diesen Mitbewohner habe.
Amen.